Verkaufspsychologie: Vorurteile im Vertrieb

Vertreter haben in Deutschland generell mit einem Image-Problem zu kämpfen. Sie werden nicht selten als „Klinkenputzer“ oder „Verkaufsbücklinge“ bezeichnet. Dies sind natürlich Stereotype bzw. Vorurteile (Cialdini, 2012). Das schlechte Image resultiert teilweise aus dem unmoralischen Verhalten einiger Verkäufer (vgl. Nerdinger, 2001, S. 165). Werden Verkaufstechniken eingesetzt, die durch die Kunden nicht oder nur teilweise durchschaubar sind, fühlen sich diese manipuliert und ziehen die Verkäufer auf moralischer Ebene herunter: „Diese Andreher, Schwätzer, Klinkenputzer“ usw. (Rosenstiel & Neumann, 2002).

Ein vielfach in der Marktpsychologie bestätigter Manipulationsansatz ist der Einsatz von Musik zur Verkaufssteigerung. Beispielsweise untersuchten Areni & Kim (1993) den Zusammenhang zwischen Musik und Preisakzeptanz bei Weinen in einem Feldexperiment. Dazu wurde in einer Weinhandlung eine gewisse Zeit klassische Musik in den Verkaufsräumen den Kunden dargeboten und eine Zeitlang Pop Musik aus den Charts. Nach der Auswertung der Umsatzzahlen konnte bestätigt werden, dass die Kunden mehr und vor allem hochwertigere Weine kautfen, wenn klassische Musik zu hören war. Den Kunden wird dies vermutlich in der Verkaufsinteraktion nicht bewusst und sicherlich auch ihr Nachteil sein, da sie mehr Geld als geplant ausgegeben haben (Areni & Kim, 1993).

So verwundert es auch nicht, dass das Image von Verkäufern negativ behaftet ist. Studenten in den USA wurden gebeten, den persönlichen Verkauf zu charakterisieren. Folgende Vorurteile wurden genannt (in Nerdinger, 2001, S. 7):

– Verkaufen nutzt nur den Verkäufern

– Verkaufen ist kein Beruf für begabte und intelligente Menschen

– Verkaufen löst das Übelste im Menschen aus

– Verkäufer müssen lügen und andere täuschen, damit sie erfolgreich sind.

Front Worker Image Verkauf
Verkäufer von Obdachlosen-zeitungen haben mit schlechtem Image zu kämpfen.

Mikolon, Kreiner & Wieske (2016) haben Verkäufer von Obdachlosenzeitungen systematisch beobachtet und befragt, wie sich die Vorurteile des persönlichen Verkaufs in diesem Umfeld auswirken. Straßenverkäufer werden nicht selten als schmutzig, kriminell und unehrlich wahrgenommen bzw. vorverurteilt. Die Hilfsbereitschaft kann alleine aus diesem Grund sinken und der Abverkauf dadurch verhindert werden. Es kommt aber nicht nur auf Seiten der Kunden zu einer Stigmatisierung und negativer Haltung, sondern auch auf Verkäuferseite. Um diesen Aspekt zu beleuchten haben Mikolon et al. (2016) rund 900 Passanten sowie 76 Verkäufer befragt. Nahmen die Verkäufer die negative Haltung der potentiellen Kunden wahr, verstärkte sich der Effekt und die Interaktion wurde noch stärker als unhöflich, unsicher und wenig vertrauenserweckend interpretiert. Mikolon et al. (2016) empfehlen daher, die Verkäufer entsprechend zu trainieren. So sollen sich die „frontline worker“ per Perspektivenübernahme in die Lage der Konsumenten versetzen und mit Humor auf die Stigmatisierung reagieren. Dadurch könnte sich das Image des Straßenverkaufs bei den Konsumenten verbessern und Altruismus gefördert werden.

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Literatur:

Areni, C. & Kim, D. (1993). The Influence of Background Music on Shopping Behavior: Classical Versus Top-Forty Music in a Wine Store, in NA – Advances in Consumer Research Volume 20, eds. Leigh McAlister and Michael L. Rothschild, Provo, UT : Association for Consumer Research, Pages: 336-340. [Internet: http://www.acrwebsite.org/volumes/7467/volumes/v20/NA-20 Stand 07/16].

Cialdini, R. (2012): Die Psychologie des Überzeugens . 6. Aufl. Bern: Huber.

Mikolon, S.; Kreiner, G. & Wieske, J. (2016). Seeing you seeing me: stereotypes and stigma magnification effect. Journal of Applied Psychology, 101, 5, 639-656. [Internet: https://spiral.imperial.ac.uk/handle/10044/1/28417 Stand 07/16].

Nerdinger, F.W. (2001). Psychologie des persönlichen Verkaufs. München: Oldenbourg.

Rosenstiel, L.v. & Neumann, P. (2002). Marktpsychologie. Ein Handbuch für Studium und Praxis. WBG: Darmstadt.

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