Im Journal of Service Research wurde die Forschungsarbeit von Marchand, Paul, Hennig-Thurau und Puchner (2016) veröffentlicht. Mit dem Titel „How Gifts Influence Relationships With Service Customers and Financial Outcomes for Firms“ sind u.a. weitere Erkenntnisse zur Reziprozität publiziert worden. Die deutschen Forscher stellten sich die Frage, ob Werbegeschenke tatsächlich zu höheren Umsätzen führen. Im Sinne der Reziprozität „ich gebe, damit mir gegeben wird“ sollte dies so sein (vgl. Cialdini, 2014, S. 47 ff.). Es handelt sich hierbei um ein sozialprägendes Prinzip, bei dem derjenige der ein Geschenk erhält, sich seinerseits verpflichtet fühlt, etwas zurück geben zu müssen (vgl. ebenda, S. 49). Kommt der Beschenke der Verpflichtung nicht nach, droht ihm sozialer Ausschluss. Diese „Bestrafung“ dürfte bei Werbegeschenken eher schwierig sein. Es stellt sich aber die Frage, ob Konsumenten jegliche Art von Präsenten, Probierhäppchen, Entgegenkommen beim Preis etc. als Geschenk wahrnehmen und dem Unternehmer mehr Umsatz bescheren?
Marchand et al. (2016) untersuchen vornehmlich, wie sich Geschenke auf die Beziehung von Konsumenten zum Unternehmen auswirken. Das hat mittlerweile eine hohe wirtschaftliche Relevanz, denn in den USA werden pro Jahr rund 22 Mrd. US Dollar für Werbepräsente investiert. Diese hohe Investitionssumme sollte sich im Idealfall auch wieder amortisieren. Es ist davon auszugehen, dass nicht alle Geschenke sich positiv auf den Umsatz auswirken. Es stellt sich die Frage, welche kritischen Einflussfaktoren identifiziert werden können. Die Forscher gehen davon aus, dass die Art (soziales oder wirtschaftliches Geschenk) und die Verwandtschaft des Präsentes zum Unternehmen zwei wichtige Dimensionen sind. Ein soziales Geschenk repräsentiert eine kleine Aufmerksamkeit, bspw. zu Weihnachten Schokolade, wohingegen ein wirtschaftliches Geschenk Rabatte auf das Produkt / die Dienstleistung beinhalten können (ebenda, 2016).
Um der Fragestellung auf den Grund zu gehen, wurde eine Langzeitstudie ins Leben gerufen. In einem Feldexperiment wurden bei einer Fluglinie 1.950 verschiedene Datensätze von Kunden ausgewertet. Die experimentelle Manipulation bestand darin, dass die Kunden unterschiedliche Arten von Geschenken bekommen haben (wirtschaftliche Geschenke, die mit dem Unternehmen (nicht) verwandt waren, soziale Geschenke, die mit dem Unternehmen (nicht) verwandt waren). Mit Hilfe eines multivariaten Designs wurden die Daten ausgewertet. Als Ergebnis kam heraus, dass wirtschaftlich zu den Produkten/ Dienstleistungen passende Geschenke und soziale Geschenke, die nichts gemeinsam haben mit den Produkten / Dienstleistungen des Unternehmens, die stärksten Effekte auf langfristige Kundenwahrnehmung / -loyalität und positive Beziehungspflege aufweisen. Wirtschaftlich verwandte Geschenke haben zudem die besten Aussichten auf kurzfristige Amortisation.
Das gesamte Paper kann hier nachgelesen werden. Sicherlich nicht ganz uninteressant für die Studierenden im Masterstudium Sales und Marketing, insbesondere für die Module Verkaufspsychologie und Konsumentenverhalten.
Literatur
Cialdini, R. (2017). Die Psychologie des Überzeugens. 8. Aufl. Bern: Hogrefe.
Marchand, A.; Paul, M.; Hennig-Thurau, T. & Puchner, G. (2016). How Gifts Influence Releationships With Service Customers and Finacial Outcomes for Firms. Journal of Service Research. 20, 2, 105-119.