Abhängigkeit vom Smartphone

Mittlerweile wird von der „Always On“-Generation gesprochen (vgl. Anderson, 2016). Ein Großteil der Bevölkerung ist 24/7 mit dem Internet vernetzt. 47% sind laut Statista immer und überall erreichbar. Es werden E-Mails gecheckt, Käufe via Smartphone getätigt, Facebook-Einträge erstellt, was man gerade erlebt usw. Ist die Abhängigkeit vom Smartphone inzwischen so antrainiert, dass wir das Smartphone als Teil unseres Körpers empfinden?

Always On smartphone nutzung
Always On Smartphone Nutzung

Psychologen wollten herausfinden, ob wir das Telefon bereits als eine Art verlängerten Arm wahrnehmen. Dazu nutzten sie die sogenannte Gummihand-Illusion (Rubber-Hand-Illusion) (Liepelt, Dolk & Hommel, 2016). Dieser Effekt wurde zum ersten Mal vor 15 Jahren nachgewiesen, indem Probanden sich an einen Tisch setzten und beide Arme auf den Tisch legten. Wichtig dabei ist, dass der linke Arm durch ein Tuch abgedeckt wird. Anstelle des eigenen Arms blicken die Probanden auf eine künstliche Hand. Die Gummiattrappe liegt dort, wo der echte Arm „normalerweise“ wahrgenommen werden soll. Werden sowohl die echte als auch die Gummihand mit einem Pinsel gekitzelt, bekommen die meisten Versuchspersonen nach kurzer Zeit das Gefühl, sie würden auch die Berührungen in der Gummihand spüren. Diese Illusion ist den Versuchspersonen bewusst und sie wissen, dass sie die Gummihand nicht fühlen können. Aber der Sehsinn des Menschen ist so stark ausgeprägt, dass es zu diesem „Gefühlstransfer“ kommt (Neuf & Hamburger, 2013).

Übertragend auf die häufige Smartphone-Nutzung stellt sich die Frage, ob wir mittlerweile dieses technische Gerät in unser Körperschema integriert haben. Liepelt et al. (2016) nutzten dazu einen fast identischen Versuchsaufbau. Sie ersetzten die Gummihand in weiteren Versuchen durch Computermäuse, Smartphones oder Smartphone-Attrappen aus Holz. Um nachzuweisen, ob die intensive Smartphone-Nutzung bereits zu einer Eingliederung in das eigene Körperschema geführt hat, entwickelten die Forscher einen Fragebogen. Die Ergebnisse sind beeindruckend. Ein Smartphone, das einer menschlichen Hand kaum ähnelt, erzeugte bei den Experimenten eine ähnlich starke Illusion wie die Gummihand (Liepelt, et al., 2016, S. 9). Die Illusion wird vermutlich deshalb so stark wahrgenommen, weil wir täglich viel Zeit investieren, um unser Smartphone anzusehen, zu bedienen und dabei auch „erfühlen“ (ebenda).

Literatur:

Anderson, D. (2016): Elon studies the future of „Generation Always-On“. [Internet: http://www.elon.edu/E-Net/Article/59585 Stand: 07/26].

Liepelt, R., Dolk, T. & Hommel, B. Psychological Research (2016). Self-perception beyond the body: the role of past agency. Psychological Research, 80, 1, 1-11. [Internet: http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00426-016-0766-1 Stand: 07/16].

Neuf, H. & Hamburger, K. (2013). Approaching Stan Laurel’s illusion: the self-induced rubber hand phenomenon. Perception, 42, 8, 894-897.

Emotionale und rationale Entscheidungen werden auf Basis unserer Erfahrungen getroffen.

In der Volkswirtschaft und Spieltheorie wird angenommen, dass der Mensch völlig zweckrational handelt und überlegt. Demnach wäre der Mensch eine perfekte Rechenmaschine ohne Emotionen, der immer die richtige und eine rationale Entscheidung trifft. Dieser Ansatz kann durch die Realität falsifiziert werden. Nach dem Elaboration Likelihood Modell (Petty & Cacioppo, 1986) ist das Involvement als Grad innerer Beteiligung ein wichtiger Faktor für die Informationsverarbeitung und Einstellungsänderung. Da Einstellungen überdauernde Verhaltensdispositionen sind haben wir weitere Hinweise, welche Faktoren Entscheidungen beeinflussen können.

In einer aktuellen Studie wurde das Entscheidungsverhalten im Alltag untersucht. Wann entscheidet der Mensch intuitiv, wann eher wissensbasiert. Auf Basis der hervorgebrachten Ergebnisse kann gesagt werden, dass vor allem der Inhalt der zu treffenden Entscheidung eine entscheidende Rolle spielt. Wenn wir uns mit dem zur Disposition stehenden Thema auskennen, wir Experten sind, dann entscheiden wir wissensbasiert. Aus dem Bauch heraus werden vor allem Entscheidungen getroffen, die wir schlecht einschätzen / prognostizieren können. Bspw. Partnerwahl, Kleidung, Restaurantauswahl. Dieses Verhalten ist geschlechtsunabhängig. Die Heuristik, dass Frauen lieber als Männer aus dem Bauch entscheiden, wurde bei der Untersuchung (n=149, weiblich=102) nicht bestätigt.

Der gesamte Abstract ist hier zu finden: http://www.psychologie-aktuell.com/news/aktuelle-news-psychologie/news-lesen/article/1446191929-kopf-oder-bauch-wie-wir-entscheiden-haengt-von-der-erfahrung-ab.html