In einer DAK-Studie ist zu lesen, dass sieben von zehn Beschäftigten im Groß- und Einzelhandel an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gehen.
Stress ist nach Greif (1991, S. 1) „ein unangenehmer Spannungszustand, der aus der Befürchtung entsteht, dass eine stark aversive, zeitlich nahe und subjektiv andauernde Situation wahrscheinlich nicht vollständig kontrollierbar ist, deren Vermeidung aber subjektiv wichtig erscheint“.
Lazarus entwickelte dazu ein Modell, nach dem eine stressauslösende Situation eine Wechselwirkung zwischen den Anforderungen der Situation und der handelnden Person hervorrufen kann. Er geht davon aus, dass gleiche Situationen von Menschen unterschiedlich bewertet werden. Dies hängt von der subjektiven Bewertung und den in der Situation verfügbaren Ressourcen ab. Schlussendlich wird in dem Modell hinterfragt, wie gut kann jemand eine Situation bewältigen (coping).
Werden Menschen langanhaltenden stressauslösenden Situationen ausgesetzt, kann dies psychische aber auch physische Schäden nach sich ziehen. Hypertonie, Infarktrisiko durch erhöhte Adrenalinausschüttung oder aber Depressionen, Aggressionen sowie Burn-Outs können die Folgen sein.
Burn-Out wird dabei als ein „Syndrom aus emotionaler Erschöpfung, Depersonalisierung und reduzierter Leistungsfähigkeit beschrieben“ (Schaper, 2013, S. 531). Zuerst untersucht wurde dieses Syndrom in Sozial- und Pflegeberufen. Entscheidend für die Entwicklung von Burn-Outs im psychologischen Sinn ist in diesm Fall die hohe emotionale Bindung zwischen Patient und Pfleger. Übermäßig hohe Erwartungen von Seiten des Pflegepersonals kann bei nicht erfolgreicher Bewältigung des selbstgesetzten Anspruchs zu einem Zynismus gegenüber den Patienten führen. Man stelle sich vor, ein Betreuer hat sich zum Ziel gesetzt, alkoholkranke Patienten von ihrer Sucht heilen zu wollen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Betreuer im Zeitablauf gegenüber den Betroffenen gefühlslos und abgestumpft reagiert, wenn sich kein Erfolg einstellt. Dies kann sich auch bei Mitarbeitern einstellen, die im Kundenservicebereich, bspw. einer Beschwerdeabteilung, arbeiten.
In dem DAK Report wird folgendes festgehalten:
„Im Kundenkontakt zählt Schnelligkeit und eine positive Grundhaltung. Die Beschäftigten müssen immer freundlich bleiben, auch bei hoher Arbeitsbelastung. In der Auseinandersetzung mit anspruchsvollen Kunden entstehen Situationen, die emotional sehr belastend sein können. Zwei Drittel der befragten Beschäftigten (69 Prozent) gehen bei der Arbeit häufig oder manchmal bis an die Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit. Bei 4,9 Millionen Beschäftigten in der Branche sind das rund 3,4 Millionen Männer und Frauen bundesweit. Etwa die Hälfte der Beschäftigten mit viel Kundenkontakt (46 Prozent) können selten oder nie entscheiden, wann sie Pausen machen. Der Report zeigt auch, dass fast jeder Dritte keinen angemessenen Aufenthaltsraum hat. Oft müssen sich Mitarbeiter für ihre Pausen in Abstell- oder Lagerräume zurückziehen, was die Erholung beeinträchtigt.“ (Quelle: www.dak.de/dak/bundes-themen/Handelsreport_2016-1794926.html Stand 05/16).
Ob die Mitarbeiter die beschriebene Arbeitssituation als stressauslösend wahrnehmen und ob daraus stressbedingte Krankheiten entstehen ist individuell unterschiedlich. Generell kann aber von Seiten des Unternehmens und des einzelnen Mitarbeiters das Stressrisiko gesenkt werden. Adäquate Präventionsmöglichkeiten sind bspw. regelmäßige Feedbacks über die Arbeit der Servicemitarbeiter, Schulungen im Umgang mit Kunden aber auch Sportangebote nach der Arbeit.
Literatur:
Greif, S. (1991). Stress in der Arbeit – Einführung und Grundbegriffe. In: Greif, S, Bamberg, E., Semmer, N. (Hrsg.): Psychischer Stress am Arbeitsplatz (1-28). Göttingen: Hogrefe.
Schaper, N. (2013). Wirkungen der Arbeit. In Nerdinger, F.W.; Blickle, G. & Schaper, N. (Hrsg.) Arbeits- und Organisationspsychologie (517-438). 3. Aufl. Wiesbaden: Gabler.