Führungskultur bedingt durch die Krise im Wandel

Changemanagement

Manifeste Verhaltensweisen, Strukturen oder Marktgleichgewichte können durch nicht vorhersehbare Ereignisse oder Krisen ins Wanken geraten. Das kann Organisationen vor große Herausforderungen stellen. Resilienz sollte auf Ebene der Organisation, aber auch auf Ebene der Organisationsmitglieder vorhanden sein. Beispielsweise wurden den etablierten Kommunikationsanbietern ab 2012 das Geschäftsmodell durch ein kleines Start Up „Whats App“ zunichte gemacht. Eine Umpositionierung war notwendig. Röhrenbildfernseher wurden durch Flachbildschirme vollständig substituiert. Die entsprechenden Marktanbieter sind daher verschwunden oder spielen keine Rolle mehr (Grundig, Telefunken, Loewe etc.). Durch die Pandemie bedingt, werden u.a. Führungskulturen sowie seit Jahrhunderten etablierte Werte bezüglich Arbeitszeit, Hierarchie, Berichtwesen, Anwesenheit in der Organisation und Aufgabedelegation im Eiltempo gewandelt. Lang überdauernde Verhaltensdispositionen werden „über Nacht“ obsolet und Einstellungen müssen dementsprechend angepasst werden. So etwas bedarf normalerweise Zeit. Das Changemanagement steht 2020 vor der Herausforderung, schnell nach optimalen Prozessen zu suchen. Den Mitarbeitern eine Zeit des Trauerns einzuräumen, weil alte, sich vorher vielleicht bewährte Führungswerte und -muster nunmehr obsolet werden, bleibt kaum. Daher sollte man sich noch mehr im Klaren darüber sein, dass es jetzt eine Zeit des Übergangs geben wird, in der die neuen Systeme und Regeln noch nicht so optimal laufen, wie vor der Krise. Darauf müssten sich Changemanager als auch Mitarbeiter einstellen.

Virtuelle Führung

Neben der Wandelphase stellt sich auch zwangsläufig die Frage, wie denn eine optimale Führungskultur bei dezentral und virtuell arbeitenden Menschen aussehen soll? Dazu wird nicht erst seit Anfang 2020 geforscht, aber durch die Coronakrise hat die Wissenschaft hier noch mal eine Forschungslücke aufgetan. Bartsch, Weber, Büttgen & Hiber (2020) haben dazu eine Arbeit zu den Erfolgsfaktoren in der Führung von virtuellen Teams im Dienstleistungsbereich veröffentlicht. Befragt wurden Mitarbeiter (n=206) in der Servicebranche, die wegen der aktuellen Krise unerwartet von zu Hause virtuell arbeiten mussten. Das ist die eigentliche Neuerung. Changeprozesse von nichtvirtuellen zu virtuellen Führungskonzepten wurden bis dato selten unter der Bedingung einer Krisensituation untersucht (Bartsch et. al., 2020). Auf Basis des S-O-R Gedankens wurden zwei unabhängige Variablen (aufgaben- und beziehungsorientierte Führung) vermittelt über psychische Prozesse (empfundene Job-Autonomie, Arbeitsbelastung, Teamkohäsion) auf die abhängige Variable bezogen. Moderatorvariable ist in dem Modell die „digitale Reife“ innerhalb der Organisation.

Remote work, virtuelle Führung

Die Untersuchung bietet wichtige Erkenntnisse. Erstens sollte virtuelle Führung sowohl aufgaben- als auch beziehungsorientiere Aspekte beinhalten, insbesondere in der jetzigen Krisensituation. Damit Mitarbeiter wissen worauf es ankommt und wie mit der neuen Flexibilität sowie Autonomie umgegangen werden kann sollten Zielvereinbarungen und regelmäßige Feedbackgespräche geführt werden (Locke & Latham, 1991). Arbeitszeit bekommt eine nachrangige Bedeutung in virtuellen Teams, es ist vielmehr die Zielerreichung nach der die Mitarbeiter zukünftig bemessen werden. Dazu sollten sich die virtuellen Führungskräfte weniger als Vorgesetzte sehen als vielmehr als Coaches. Ihre Aufgabe ist es, die Mitarbeiter bei der Zielerreichung bestmöglich zu unterstützen und dafür ist eine beziehungsorientierte Zusammenarbeit/ Führung sinnvoll. Außerdem sollte die Führungskraft Netzwerkkompetenzen aufweisen, um die Teamkohäsion zu fördern.

Die gesamte Studie und Ergebnisse können hier nachgelesen werden: https://www.emerald.com/insight/content/doi/10.1108/JOSM-05-2020-0160/full/html

Literatur:

Locke, E. & Latham, G. (1991). A Theory of Goal Setting & Task Performance. The Academy of Management Review, 16, 10.2307/258875.

Bartsch, S.; Weber, E.; Büttgen, M. & Huber, A. (2020). Leadership matters in crisis-induced digital transformation: how to lead service employees effectively during the COVID-19 pandemic. Journal of Service Management, 10.1108/JOSM-05-2020-0160

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