Sind Frauen die effizienteren Führungskräfte?

Führung und Führungserfolg werden seit langem in der Wissenschaft erforscht. Einige Vorurteile, Heuristiken und Mythen konnten dadurch in den letzten 60 Jahren ausgeräumt werden. Eine große Verzerrung besteht bspw. in der sogenannten „great men theory of leadership“.  Erfolgreiche Manager werden nach dieser Theorie geboren und nicht entwickelt. Dementsprechend wäre es fast schon eine Persönlichkeitsdisposition, die man(n) hat (Nerdinger, 2014, S. 84). Führung wird zudem häufig dem maskulinen Geschlecht zugeordnet und das entspricht einem weiteren Bias.

Situation als moderierende Variable

Die erste Heuristik wird in der Kontingenztheorie von Fiedler (1967) widerlegt. Er stellt fest, dass in personenorientierten Führungsmodellen die Situation, in der das FührungsverhFiedlers Kontingenztheorie der Führung im Modellalten gezeigt wird, systematisch unterschätzt wurde. Dadurch sind unterschiedliche Führungsstile in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich effizient. Die situative Günstigkeit moderiert, ob eine Führungskraft erfolgreich ist. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wird Führungserfolg dabei im Sinne der Leistung bemessen. Aus psychologischer Perspektive fehlt eine wichtige Komponente, die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Erst wenn beide Faktoren, Leistung und Zufriedenheit, erreicht sind, kann von Erfolg gesprochen werden.  Um den Führungserfolg zu prognostizieren, wurden diverse Forschungsarbeiten durchgeführt. Die Studien dazu weisen höchst heterogene Ergebnisse aus. Es zeigt sich, dass Persönlichkeitsmerkmale (wie bspw. Intelligenz) teilweise stark mit dem Führungserfolg korrelieren. In einem anderen Zusammenhang wurde eine Nullkorrelation herausgefunden, d.h. die Situation moderiert den Erfolg erheblich. Metaanalysen legen nahe, dass die Führungspersönlichkeit rund 10 % und die Situation 90% Erklärungsbeitrag für den Führungserfolg liefern. Diese Ergebnisse finden allerdings selten Anklang. Wenn man Manager fragen würde, weshalb sie erfolgreich sind, wird es vermutlich eher intrapersonell beantwortet. Es liegt am Durchsetzungsvermögen, der eigenen Macht, Charisma etc. Seltener wird man hören, dass die Günstigkeit der Situation dazu beigetragen hat.

Frauen in Führungspositionen erfolgreicher

Eine weitere Verzerrung entsteht in der Genderdiskussion, ob weibliche oder männliche Führungskräfte erfolgreicher sind. Dazu gibt es bereits einiges an Erkenntnissen. Frauen gelten als empathischer und das scheint eine bedeutsame Führungseigenschaft zu sein (Momm, Blickle, Yongmei et al., 2014).

In einem Experiment mit 430 italienischen Studenten konnte nachgewiesen werden, dass durch Frauen geführte Arbeitsgruppen einen signifikant höheren Effekt auf den Erfolg aufweisen (De Paola, Gioia & Scoppa, 2018).  Um möglichst reale Führungssituationen in dem Experiment zu schaffen, wurden gemischte Dreier-Teams und die Führungsposition per Zufall bestimmt. Die Aufgabe bestand darin, dass die Studierenden sich im Team auf eine Abschlussprüfung vorbereiten. Als Anreiz wurden Zusatzpunkte für die Koordination der Gruppe an die Teamleitung vergeben, wenn die einzelnen Teammitglieder gut abschneiden. Der Führungserfolg wurde hier über die Abschlussnote definiert. Leider wurde keine  systematische Erhebung der Zufriedenheit innerhalb der Gruppenmitglieder durchgeführt. Aber die Teilnehmer wurden hinsichtlich der Teamaktivität befragt und sollten eine individuelle Einschätzung der Teameffektivität und Führungskraftaktivität geben. Dabei stuften männliche Teammitglieder die weiblichen Führungskräfte generell weniger effizient ein, obwohl diese erfolgreicher waren (De Paola, Gioia & Scoppa, 2018).

Literatur

De Paola, M., Gioia, F.  & Scoppa, V. (2018). Teamwork, Leadership and Gender. IZA, 11861, [10_18: http://ftp.iza.org/dp11861.pdf].

F.E. Fiedler, F. (1967). A Theory of Leadership Effectiveness. McGraw-Hill: New York.

Momm, T.D., Blickle, G., Yongmei, L., Wihler, A., Kohlin, M. & Menges, J. (2014). It Pays to have an Eye for Emotions: Emotion Recognition Ability Indirectly Predicts Annual Income. Journal of Organizational Behavior, 36, 1, S. 147-163.

Nerdinger, F.W. (2014). Personal. In Nerdinger, F.W.; Blickle, G. & Schaper, N. (Hrsg.) Arbeits- und Organisationspsychologie. 3. Aufl. Gabler: Wiesbaden. S. 84 ff.

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